Erschienen in: bild der wissenschaft 12/2004
Immer stärker hängt die Karriere eines Wissenschaftlers von der Beachtung seiner Publikationen ab. Ob damit der Forscherleistung wirklich Genüge getan wird, ist fraglich.
Spanische Professoren erhalten Gehaltszuschläge, wenn sie Artikel in angesehenen Zeitschriften platzieren. Eine Reihe deutscher Fakultäten – beispielsweise die medizinischen der Universitäten Düsseldorf und Bochum – verteilt Forschungsgelder an Institute und Arbeitsgruppen nach deren Publikationsleistung. Finnland vergibt einen Teil der Zuschüsse für die Universitätskliniken danach, wie viele Veröffentlichungen die dortigen Wissenschaftler verfasst haben und wie hoch das Ansehen der Beiträge im Kollegenkreis ist. Im Slang der Wissenschaft heißt das „Impact“ (englisch für „Wirkung, Resonanz“). Impact-Faktoren geben an, wie häufig Artikel aus einer Zeitschrift im darauf folgenden Jahr in anderen Veröffentlichungen zitiert wurden. Im Jahr 2000 war es der finnischen Regierung jedes Mal 7000 US-Dollar wert, wenn ihre Mediziner einen Artikel in einer Zeitschrift mit dem Impact-Faktor 3 statt in einer mit dem Faktor 2 unterbrachten. „Bibliometrische Daten und daraus erstellte Rankings gewinnen in den Industrieländern enorm an Bedeutung“, stellt Prof. Peter Weingart fest, Leiter des Instituts für Wissenschafts- und Technikforschung der Universität Bielefeld.
Wenig Publikationen und trotzdem Nobelpreisträger
Zwar haben diese auf der Zählung von Zitaten basierenden Bewertungen von Forschungsarbeiten nur selten unmittelbaren Einfluss auf die Zuweisung von Geldern. Doch über die Medien beeinflussen solche Ranglisten, die an die Fußballbundesliga-Tabelle erinnern, den Ruf von Forschungseinrichtungen durchaus. So veröffentlichte das Gütersloher Centrum für Hochschulentwicklung Ende 2003 in Kooperation mit der Zeitschrift „Stern“ Rankings der Universitäten, die zum Teil auf bibliometrischen Daten basieren. Dass sich die Leistung von Wissenschaftlern in ihren Publikationen widerspiegelt, ist weitgehend unbestritten. Doch Veröffentlichungen sind natürlich nicht die einzige Messlatte: Gerade Geisteswissenschaftler profilieren sich auch in Vorträgen und Debatten, für wirtschaftsnahe Forscher sind vor allem Patente wichtig. Klar ist auch, dass ein Wissenschaftler mit nur 30 Veröffentlichungen, wie der Physik-Nobelpreisträger Richard Feynman (1918 bis 1988), nicht unbedingt weniger geleistet hat als einer mit 500 – auf so viele bringen es heute etliche Forscher.