Wer schreibt, der bleibt
erschienen in: Magazin „maßstäbe“ Dezember 2009
Einfälle, Erfahrungen und Erlebnisse, die man zu Papier gebracht hat, bestehen in der Nachwelt fort. Sprichwörtlich gilt: Wer schreibt, der bleibt. So langfristig denkt wohl selten ein Naturwissenschaftler, wenn er für Artikel und Konferenzbeiträge in die Computertastatur greift. Denn nur indem er Ergebnisse publiziert und präsentiert, kann er die Karriere-Leiter hinaufsteigen – eine Tatsache, die leidvolle, absonderliche oder komische Folgen haben kann.
Cleverer Doktorvater
Kalle Koch* hatte ein halbes Jahr nach Abschluss seiner Doktorarbeit der chemischen Forschung endgültig ,,ade“ gesagt. Seitdem waren weitere fünfJahre vergangen, als er Post vom Sekretariat seines ehemaligen Doktorvaters bekam. Darin lag der druckfrische Sonderdruck einer Fachzeitschrift. Verblüfft las Koch, dass zwei ehemalige Kollegen, ein Unbekannter und er selbst als Autor angegeben waren – neben seinem Doktorvater Professor Clever* natürlich. Tatsächlich ging es in dem Artikel um Substanzen, die Koch früher hergestellt und erforscht hatte. Einige Messungen schienen aus seiner Doktorandenzeit zu stammen, waren aber mit weiteren Untersuchungen und theoretischen Überlegungen erheblich angereichert worden. Geschmeichelt kam er auf die Idee, einmal im Internet nach der Veröffentlichungsliste von Clever zu suchen und sich diese näher anzusehen. Drei Klicks, und schon entfuhr ihm ein ,,alle Achtung“: Produktiv war der Professor mit insgesamt 180 Veröffentlichungen schon zu Kalle Kochs Zeiten gewesen, doch nun brachte er es gar auf stolze 490 Publikationen. Eine weitere Routineabfrage zauberte ein ungläubiges Schmunzeln auf Kochs Gesicht: Die Suche nach dem eigenen Namen ergab, dass er ein Leben im Labor geführt haben musste, von dem er selbst nichts ahnte: In den fünf Jahren seit seinem Abschied von der Forschung war er jedes Jahr an einem wissenschaftlichen Artikel beteiligt – jeweiliger Hauptautor, natürlich: Clever. Soweit Koch es anhand der Überschriften beurteilen konnte, beruhten auch diese Artikel zumindest teilweise auf den Ergebnissen seiner Dissertation.
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Schlussbemerkung: Selbstverständlich verlaufen die allermeisten Publikationswege geradliniger und,,anständiger“ als die hier vorgestellten. Dennoch sind die gewählten Fall-Beispiele keineswegs fiktiv, sondern vielmehr Teil der Wirklichkeit. Lediglich die Namen der publizierenden Wissenschaftler (im Text mit * markiert) wurden geändert.