Fracking: Gute Theorie, schlechte Praxis

Auch erschienen auf wissenschaft.de

Nun hat sich auch die Deutsche Akademie für Technikwissenschaften acatech gegen ein generelles Fracking-Verbot ausgesprochen. Gleichzeitig fordert sie hohe Sicherheitsstandards und einen offenen Dialog über die Risiken. Dass viele Menschen der Industrie genau in diesen Punkten nicht trauen, hat durchaus rationale Gründe – Gründe, die es der acatech-Position schwer machen, sich durchzusetzen.

Die acatech vertritt die deutschen Technikwissenschaften im In- und Ausland in – so die Selbstauskunft – „selbstbestimmter, unabhängiger und gemeinwohlorientierter Weise“. Das erklärte Ziel ihrer aktuellen Stellungnahme ist es, die Diskussion um das Fracking mit einer wissenschafts- und technikbasierten Abwägung zu unterstützen – angesichts verhärteter Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern. Das Ergebnis: Insgesamt, so acatech Präsident Reinhard F. Hüttl, „lassen sich Beeinträchtigungen des Trinkwassers, Austritte von Methan-Gas und induzierte Mikro-Erdbebentätigkeit bei einem verantwortungsvollen, sachgemäßen Einsatz der Technologie so weitgehend ausschließen, dass ein generelles Verbot wissenschaftlich nicht zu begründen ist.“ Dieser Standpunkt liegt auf einer Linie mit den geologischen und technologischen Fachgesellschaften weltweit. Insofern ist er auch wenig überraschend.

Das Problem verbirgt sich in dem Wort „verantwortungsvoll“ von Hüttls Aussage. Zwei Beispiele mögen das illustrieren.

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Fracking: Fortschritt durch Forschung

5.9.2014

Fracking könnte Deutschland unabhängiger von russischem Erdgas werden lassen und das Wirtschaftswachstum antreiben. Da erscheint es manchem, als ob der Hinweis auf weiteren Forschungsbedarf nur als Knüppel dient, den Umweltpolitiker und ängstliche Bürger der Technologie in die Beine werfen.

Überall Krieg: unter anderem im Irak, in der Ukraine, in Syrien und in Libyen. Die Lage in den Öl- und Gasförderländern im Nahen Osten ist fürchterlich. Und doch: Niedrige Preise lassen uns relativ entspannt tanken oder die Heizkostenabrechnung entgegennehmen.

Analysten führen diesen erstaunlichen Befund unter anderem darauf zurück, dass die USA es als riesiger Energieverbraucher geschafft hat, durch die Förderung von Öl und Gas aus Schiefergas mithilfe der Fracking-Methode seinen Importbedarf zu senken – und damit die Nachfrage auf dem Weltmarkt. Kein Wunder, dass hierzulande Industrie und viele Politiker dieses US-Rezept gerne übernehmen würden.

Beim Fracking bricht ein zähflüssiges Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien, das unter hohem Druck eingepresst wird, gashaltige Gesteinsschichten auf und hält die entstandenen Risse offen. Befürworter weisen gerne darauf hin, dass auch in Deutschland schon seit den 1960er Jahren gefrackt“ wird. Tatsächlich haben Ölkonzerne vergleichbare Technologien eingesetzt, um vor allem in Niedersachsen konventionelle Erdgas-Lagerstätten vollständiger ausbeuten zu können sowie um im Saarland und im Ruhrgebiet aus Kohleflözen Gas zu gewinnen. Aus diesem Blickwinkel scheint es so, als ob hinter Aussagen von Politikern und Umweltexperten, die Technologie müsse weiterentwickelt und vor allem ihre Risiken besser erforscht werden, nur eines steckt: Die Strategie, Zeit zu gewinnen und letztlich alle Schiefergestein-Fracking-Pläne ohne großes Aufsehen zu den Akten legen zu können.

20 000 Kilogramm Chemikalien bei drei Fracks

Dass Forschung durchaus auch Wege aufzeigen könnte, Fracking gesellschaftsfähig zu machen, zeigt sich am Beispiel der Fracking-Chemikalien. Gegenwärtig ist die Situation dort noch so, dass Fracking unverantwortlich ist. Eine am 13. August vorgestellte Studie liefert dafür einen neuen Beleg: Ein Wissenschaftler-Team vom Lawrence Berkeley National Laboratory hatte die Giftigkeit von 200 Substanzen unter die Lupe genommen, die in den USA beim Fracking zum Einsatz kommen, vor allem Additive – Zusatzstoffe – mit denen die Frac-Flüssigkeit verdickt oder der Bewuchs mit Mikroben verhindert wird. Das Ergebnis: Zwar sind die meisten Chemikalien ungiftig und teilweise sogar als Lebensmittelzusatz zugelassen. Doch acht Substanzen sind für Menschen und Säugetiere toxisch und vor allem: Bei einem Drittel der Chemikalien ist die Wirkung auf Umwelt und Gesundheit nicht bekannt.

In Deutschland legt das Unternehmen ExxonMobil freiwillig und lobenswerterweise die Zusammensetzung eingesetzter Frac-Flüssigkeiten offen. Erkennbar ist, dass in der Vergangenheit rund 150 Additive eingesetzt wurden, darunter auch giftige, erbgutschädigende oder umweltschädliche. Und zwar in erheblichen Mengen: Beispielsweise wurden 1998 allein in der Bohrung Damme 3 bei drei Fracks fast 20.000 Kilogramm Additive in den Untergrund gepresst.

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Textilfarbstoffe umweltfreundlich klären

erschienen in Forschung im Fokus, Sonderpublikation der TH Köln, 2014

Um Jeansstoff und andere Baumwolle, aber auch Seide und Wolle in nahezu allen vorstellbaren Tönen zu färben, setzt die Textilindustrie Hunderte verschiedener Azofarbstoffe ein. Diese wasserlöslichen Stoffe reagieren chemisch mit der Textilfaser und werden daher fest an sie gebunden. Sie bleichen selbst bei häufigem Waschen in der Maschine oder bei Sonneneinstrahlung kaum aus. Doch die bunte Welt der Mode hat ihre Schattenseiten.

Dazu zählt, dass beim Färben längst nicht der gesamte Azofarbstoff auf der Faser landet. Ein erheblicher Anteil reagiert in der färbenden Lösung mit Wasser. „Die resultierenden Farbabwässer werden bislang oft nur sehr stark verdünnt und anschließend via Kläranlage in Flüsse eingeleitet“, sagt Chemikerin Prof. Astrid Rehorek, geschäftsführende Direktorin von STEPS. Nun ist dank der Arbeit von STEPS-Wissenschaftlern ein kostengünstiges biologisches Verfahren verfügbar, um Farbwässer zu entfärben und die Farbstoffe zu ungefährlichen Substanzen abzubauen.

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Wassernutzung: Alle sollen gewinnen

Erschienen in: bild der wissenschaft plus „Wasser Wissen“ Juli 2012 

Sozialwissenschaftler helfen, wenn Nationen wegen grenzüberschreitender Flüsse im Clinch liegen oder wenn es innerstaatlichen Streit um gerechte Wassernutzung gibt.

ES BEGINNT MITTEN in Jerusalem, führt in östlicher Richtung in einer Schlucht inmitten der Judäischen Wüste bergab und endet nach rund 25 Kilometern am Toten Meer: das Kidron-Tal, von den Palästinensern Wadi Nar genannt. „Als ich 1993 zum ersten Mal nach Israel kam, habe ich überlegt, durchzuwandern — bei den Israelis war es vor der ersten Intifada 1987 für Wandertouren sehr beliebt“, erinnert sich Ines Dombrowsky vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik in Bonn. Das Kidron-Becken gehört größtenteils zum Westjordanland und erstreckt sich heute über drei Zonen — A, B und C benannt — , in denen die Palästinensische Autonomiebehörde und das israelische Militär jeweils unterschiedliche Befugnisse haben.

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Die Luft zum Atmen

Mit Luft lässt sich Geld verdienen — mit angehaltenem Atem auch. Doch weil sich nicht alles auf der Welt nur um den schnöden Mammon dreht, zeigen wir Ihnen, dass Leben Luft braucht. Und dass ohne Leben die Erde von einer anderen Luft umhüllt würde.

Erschienen im: 3M magazin Dezember 1998.

Clara kann gar nicht genug bekommen: Jede Minute holt sie 40mal Luft. Von Clara können Michaela und Frank nicht genug bekommen: Schließlich ist ihre Tochter erst ein paar Stunden auf der Welt. Mutter Michaela atmet viel seltener als Clara – 15mal in der Minute. Trotzdem sind beide gesund: Die Atemfrequenz eines Menschen hängt eben von seinem Alter ab. 

20 000 Liter Luft täglich braucht der Mensch im Durchschnitt. Wer es schafft, vergleichsweise lange ohne Luft auszukommen, kann damit durchaus seinen Lebensunterhalt bestreiten: Malaysier etwa holen in über zwei Minuten Atemlosigkeit Perlen aus über 20 Metern Meerestiefe und die Menschen des Mittelmeerraumes tauchen nach Schwämmen, während sie die Luft anhalten.

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